Die barrierefreie Nutzung von Internetangeboten ist keine Selbstverständlichkeit. Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen haben privat wie auch am Arbeitsplatz regelmäßig online mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Daher spielen gerade Dienste von öffentlichen Verwaltungen eine Vorreiterrolle für ein möglichst barrierefreies Internet. Was das heißt, erklären wir hier.

Kurz & knapp 

  • Barrierefreiheit muss bei Design und Entwicklung von Internetangeboten mitgedacht werden.
  • Assistive Technologien helfen Menschen mit Einschränkungen, das Internet zu nutzen.
  • Low Code-Plattform A12 von mgm bietet barrierefreie Lösungen.

Zuletzt hat der Dienst „E-Rechnung in Bayern“ des Bayerischen Staatsministeriums für Digitales das offizielle Prüfzeichen „BITV-konform“ erhalten, siehe auch entsprechenden Blog-Beitrag. Mittels des schlanken Internetangebots können (nicht nur) Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter in Bayern elektronische Rechnungen („E-Rechnungen“) validieren und visualisieren. mgm technolgy partners hat das Angebot als technischer Dienstleister realisiert.

Barrierefrei für verschiedene Nutzergruppen

Doch was bedeutet „barrierefrei im Internet“? Wie stellt sich die „Barrierefreiheit im Internet“ konkret dar? In erster Linie dient sie dazu, Menschen mit einem oder mehreren Handicaps den Zugang zu Internetangeboten zu ermöglichen. Die Zielgruppe ist allerdings vielfältig. Dazu gehören eingeschränkt sehende, blinde wie auch gehörlose Nutzer, darüber hinaus Menschen mit motorischen oder kognitiven Einschränkungen. Auch die Bedürfnisse von nur vorübergehend eingeschränkten oder älteren Menschen müssen bedacht werden. Barrierefrei stellt sich also für jeden anders da. Eine Herausforderung für technische Geräte, Programme und vor allem für Design und Entwicklung der Internetseiten.

Assistive Technologie, ARIA & Co. ermöglichen Teilhabe

Für die barrierefreie Internet-Nutzung gibt es inzwischen eine große Bandbreite an Hilfsmitteln. Sogenannte „assistive Technologien“ erleichtern verschiedenen Zielgruppen die digitale Nutzung. „Solche Hilfsmittel sind Hardware und/oder Software, die mehr Funktionen bereitstellen als die üblichen Benutzeragenten wie etwa ein Browser und damit beeinträchtigte Menschen unterstützen“, erklärt Anna Weißenborn vom mgm-UI/UX-Team. Die Technologien geben den Nutzern eine Alternative zur Hand, um gemäß ihren Fähigkeiten im Internet unterwegs sein zu können:

  • Besondere Ausgabegeräte wie die Screenreader NVDA oder JAWS lesen Internetseiten für Blinde oder Nutzer mit eingeschränktem Sehvermögen vor.
  • Für Blinde gibt es einen Tastaturzusatz mit Blindenschrift Braille, auf dieser werden unter anderem Texte von Internetseiten haptisch ausgegeben.
  • Stark motorisch Eingeschränkte, die nur noch den Kopf bewegen können, arbeiten mit Saug-Blas-Schaltern und können damit die komplette Steuerung mit dem Mund bewerkstelligen.

Neben den assistiven Technologien spielt die Gestaltung des Webseiten-Quellcodes eine entscheidende Rolle, um die Barrierefreiheit von Webanwendungen zu gewährleisten. mgm setzt dabei auf eine Kombination aus klassischem HTML und speziellen ARIA-Elementen. ARIA ist ein vom W3C empfohlener Webstandart, um Internetanwendungen besser zugänglich zu gestalten. Das sorgt auch bei der mgm-eigenen Software-Entwicklungsplattform A12 dafür, dass beispielsweise Navigationselemente, Buttons und Formularfelder barrierefrei ausgegeben werden.

Barrierefreiheit muss von Anfang an mitgedacht werden

Ein großer Barrierefrei-Faktor ist das Design: Farben, Kontraste und Schriften müssen bewusst eingesetzt sein. Und die Herausforderungen sind dabei vielfältig. Beispiel: Eine Bildschirmlupe ermöglicht Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit gewünschte Stellen zu vergrößern. Entsprechend gestaltete Klickflächen auf barrierefreien Internetseiten helfen älteren Menschen bei der Bedienung, beispielsweise auch auf mobilen Geräten mit Touchscreen: „Für ältere Menschen, die nicht so zielgenau tippen können, muss dann auch die Touch-Fläche entsprechend gut zu erreichen sein, größer sein als nur ein kleines Icon“, so Accessibility-Expertin Weißenborn.

Eine gleichbleibende Gestaltung von Navigationsmechanismen und Designelementen wie Überschriften, Texte und Bilder bietet zudem insbesondere Menschen mit Konzentrationsschwächen eine stressfreie Nutzung. Auch auf der Textebene ergeben sich zahlreiche assistive Möglichkeiten. Alternativtexte können hinter Bilder oder Graphiken gelegt werden, so dass Screenreader sie erfassen.

In Deutschland: 7,5 Millionen schwerbehinderte Menschen

In Europa leben in etwa 80 Millionen Bürger mit anerkannten gravierenden Handicaps, hierzulande gelten 7,5 Millionen als schwerbehindert (mind. 50 % Behinderungsgrad laut Versorgungsamt). Nicht alle haben automatisch auch Nutzungsschwierigkeiten im Internet und sind auf assistive Technologien angewiesen. Die Quote ist aber höher als bei Menschen ohne Handicap. Das betrifft vor allem ältere Menschen, weit mehr als die Hälfte der schwerbehinderten Menschen war 2019 älter als 65 Jahre. Auch und gerade für diese große Bevölkerungsgruppe kann das Internet eine große Hilfe sein, wenn es um Informationen über und Teilhabe an digitalen Diensten der Verwaltungen, Sozialversicherungsträgern, Krankenkassen und kommunalen Aufgabenträgern geht. Und: Andersherum sind über 40 Prozent der schwerbehinderten Menschen im Zweifel natürlich im Arbeitsleben und ebenso im Privaten im Internet unterwegs.

Der „E-Rechnung in Bayern“-Dienst wurde – im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Digitales – von mgm auf Basis der eigenen Enterprise Low Code-Plattform A12 entwickelt. Auch andere Angebote für öffentliche Verwaltungen sind so bislang entstanden. An A12 arbeitet unter anderem das UI-/UX-Team und sorgt dafür, dass Komponenten für alle Projekte barrierefrei ausgegeben werden.

Mehr zu der mgm-Plattform: A12-Webseite.

Bildquelle: James Sutton on Unsplash